6. Sie





Trotz all dieser Jahre, war ihr Bild immer noch lebendig in mir,weil sie die war, die meine geliebten weiblichen Charaktere inspiriert hat. Ich habe es so oft beschrieben, dass ich es nicht vergessen habe. Auch wenn mein Gedächtnis mich austrickste und ihr Bild löschte, muss ich nur mehr und mehr die Romane lesen, wo sie anwesend ist, um sie wieder zurück in mein Gedächnis zu holen, so wie ich es in den letzten zwanzig Jahren gemacht habe. Aber die Jahre vergehen und hinter lassen ihren hässlichen Fußabdruck. Vielleicht würde ich sie nicht erkennen, wenn ich sie auf der Straße treffen würde. Welche schlechten Spuren wird die Zeit auf ihrem jungenhaften Gesicht und auf den Wangen angerichtet haben? Werden diese Lippen immer noch fleischig und unwiderstehlich sein? Und welche Farbe wird ihre blondes lockiges Haar haben, die sich immer wie Rowdies zwischen meinen Fingern verhedderten? Was ist mit ihren Brüsten, sind sie noch sinnlich? Was sich nicht ändern darf, ist ihr aufrichtiger und zarter Blick, noch die blaue Farbe ihrer Augen. Wie sehr ich sie in meinen langen schlaflosen Nächten vermisst habe, ihren Charakter, der mit ihren Qualitäten Leben schenkte! Wie viel würde ich gegeben haben, um ihre Hände auf meine schmerzenden Schultern in den endlosen Stunden zu spüren, um die Welt mit den Phantasien meiner erschöpften Vorstellung neu zu fühlen! Und wie viele Morgen habe ich das Kissen umarmt, aufgewacht aus einem Traum, der mich aus meine Arme nahm. Wir lagen auf einem frisch geschnittenen duftenden Rasen, sahen in einen unberührten blauen Himmel, dass unsere Augen kaum einen winzigen Teil dieser Unermesslichkeit betrachten konnten..

Ich traf sie eines Tages in der Kantine der Fakultät im Frühjahr 1997. Es war das Jahr,in dem Dario Fo den Nobel Preis in Literatur gewann und ich heimlich angestrebte, auch eines Tages diesen Preis zu gewinnen. Sie stand vor mir in der Reihe der Cafeteria und wollte ihre Tasse Kaffee und einen riesigen Kuchen mit Sahne und Erdbeeren mit einer Hand nehmen, weil sie in der anderen Hand mehrere Bücher der Poesie hielt. Ich bot ihr an, ihre Bücher zu halten, aber sie lehnte ab. Schließlich, wie zu befürchten war, fiel die Tasse Kaffee, der Kuchen und ihre kostbaren Bücher auf den Boden. Dann hat sie meine Hilfe angenommen. Während sie die Bücher reinigte,welche die Kuchenstücken verschmiert hatten, bekam sie eine neue Tasse Kaffee und das letzte Stück Kuchen. Aber das Schicksal wollte es an diesem Morgen des frühen Frühlings, dass sie ohne ihren Kaffee und ihre leckere Sahne und Erdbeertorte bleiben sollte, da ich über einen Stuhl stolperte .Wieder fiel ihr der Kaffee und Kuchen auf den Boden. Diesen Zufall in unserer Ungeschicklichkeit interpretierten wir als ein Zeichen des Schicksals, dass wir für einander bestimmt wurden.

Die Tage und Monate, die unserer schroffen Begegnung folgten, waren einfach herrlich. Wir entdeckten unsere jeweiligen Berufe und Ambitionen. Wir vereinbarten, mit einem Kuss gestempelt, gemeinsam den Weg zum Ruhm zu reisen, so das unser jugendlicher Optimismus erobert wurde. Früher saßen wir auf dem flauschigen Rasen unseres Campus und tauschten Seiten mit unseren jeweiligen Kreationen aus. Ich las und schätzte ihre Gedichte und las meine Erzählungen und kommentierte in hitzigen literarischen Diskussionen. Noch heute erinnere ich mich an eines ihre Gedichte, das natürlich mir gewidmet war:







Wenn Ihr Herz Schaum wäre, würde ich der Ozean sein;

Wenn deine Seele der Himmel wäre, wäre ich die Wolke;

Wenn dein Blick Regen wäre, würde ich das Feld sein;

Wenn deine Hände Wasser wären, wäre ich durstig.




Wir gingen zu allen kulturellen Veranstaltungen im Zusammenhang mit Literatur und wir wurden zu «Les Enfants terribles» der Buchpräsentationen für unsere erschöpfenden Fragen. Ich denke, die Autoren hatten Angst vor uns. Wir haben keinen biographischen Film von Schriftstellern verpaßt. Wir haben Pläne für die Zukunft gemacht, als wenn wir reich und berühmt wären. Wir waren uns einig, dass wir ein halbes Jahr in Paris und die andere Hälfte auf Mallorca verbringen würden, in einem kleinen Haus auf einer Klippe wohnen und dass man vom Schlafzimmerfenster aus den Sonnenaufgang über dem Mittelmeer betrachten könnte. Wir hatten sogar beschlossen, unser erstes Kind zu haben, wenn ich die 30 Jahre erfüllt habe und genug Zeit haben, um unsere jeweiligen literarischen Karrieren zu konsolidieren.

All diese wunderbaren Fantasien geschahen, bevor ich diesen verdammten Preis gewann. Jetzt erkenne ich, dass ich sicher war, wie meine helle Zukunft mit allen möglichen Details sein würde, aber ich war nicht sicher, wer ich war und bestand kaum den ersten Test, den mir das Schicksal in den Weg gelegt hatte.

Comentarios